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Eine ganzheitliche IT-Strategie für BW

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09.05.2011 Als "Intelligentes Null-Emissionsland" auch in Zukunft ein wettbewerbsfähiger Industriestandort bleiben.

Die Bilder der Atomkatastrophe von Fukushima haben die öffentliche Diskussion durcheinandergeschüttelt. 25 Jahre nach Tschernobyl stellt sich für einen Industriestandort wie Baden-Württemberg die Frage, mit welchen Energieträgern die Wirtschaft - und mit ihr die Erwerbswelt - nachhaltig und klimaverträglich fortgeführt werden kann. Die Energiekosten sind in der Wirtschaft zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden. Damit aber der erarbeitete Wohlstand gehalten werden kann, muss vieles verändert werden.

Eine human und sozial angelegte Informationstechnik kann dabei einen großen und zentralen Beitrag leisten. Der Industriestandort Baden-Württemberg benötigt deshalb jetzt rasch eine neue ganzheitliche IT-Strategie, um als "Intelligentes Null-Emissionsland" auch in Zukunft ein wettbewerbsfähiger Industriestandort zu bleiben.

Welf Schröter, Leiter des Forum Soziale Technikgestaltung, das im Jahr 2011 sein zwanzigjähriges Bestehen feiert, fasst die eigenen Diskussionen in einigen Thesen zusammen.

These 1
Der Industrie- und Produktionsstandort Baden-Württemberg benötigt ähnlich wie die Kommunen eine Zielvereinbarung, nach der das Land bis zum Jahr 2020 (oder früher) eine drastische Verringerung des CO2-Ausstosses um 40 bis 60 Prozent verbindlich anstrebt. Dazu gehören die Erweiterungen der Energieeffizienz-Ziele, der Energie-Einsparungsziele und des Ausbaus erneuerbarer Energien. Nur so lassen sich die zukünftig weiter ansteigenden Energiekosten für Unternehmen und Betriebe begrenzen. Diese Ziele brauchen eine Forcierung der Informationstechnik als Querschnittstechnologie.

These 2
Industriepolitisch gedacht stellt die dramatische Verbesserung der Energieeffizienz den Schlüssel für die Standortsicherung sowie die Stabilisierung der Wertschöpfung in Unternehmen, Mittelstand und Handwerk dar. Die Stellungnahmen der Wirtschafts- und Industrieverbände, der Anlagenbauer und der IT-Szene anlässlich der Hannover Messe 2011 und der CeBIT 2011 belegen, dass ein solcher Umbau machbar ist und für die Betriebe hohe marktwirtschaftliche Chancen im globalen Wettbewerb eröffnet. Der Innovations-Code für Energieeffizienz lautet angepasste Informationstechnologie. Hier gilt es in den kommenden Jahren wirtschafts- und förderpolitisch Schwerpunkte (Incentives) zu setzen.

These 3
Der industrielle Kern Baden-Württembergs wird stark vom Automobil-Cluster geprägt. Die Automobilwirtschaft unterliegt auf der Produktebene einem deutlichen Wandel der Erwartungen. Immer mehr Kunden fordern umweltgerechte Fahrzeuge, die Elektromobilität ermöglichen. Effiziente und demokratieorientierte Mobilitätskonzepte verlangen Weiterungen der Informationstechnik im Hinblick ihre mobile Einsatzfähigkeit. Es bedarf einer gesellschaftlichen kulturellen Veränderung im Hinblick auf die Wahrnehmung von Mobilität und Nicht-Mobilität.

These 4
Baden-Württemberg steht vor einem Umbruch im Hinblick auf seine Infrastrukturen. Vor uns steht die Elektronisierung und Digitalisierung des Stromnetzes (Electronic Energy), die Elektronisierung und Digitalisierung seiner öffentlichen Verwaltungen und Dienstleistungsangebote (Electronic Government). Ergänzt werden diese Prozesse durch die erforderliche breitbandige Erschließung der Ballungsräume und des ländlichen Raumes über Kabel, Glasfaser, LTE und ähnliche Lösungen für unter anderem kommende Cloud-Anwendungen. Doch es fehlt ein ganzheitliches IT-Konzept für das Land, das die wechselseitige Integration und Synergie dieser Infrastrukturen aufbereitet. Es fehlt eine öffentliche Diskussion und Partizipation bei der Gestaltung dieser Infrastrukturen.

These 5
Das Automobil-Cluster stellt heute für Baden-Württemberg eine ähnliche Herausforderung dar wie die Kohle- und Stahltechnik in den wirtschaftlichen Hoch-Zeiten des Ruhrgebiets. Solange der Absatz gesichert ist, wagt sich die Diskussion nicht an folgende Zukunftsfrage heran: Was kommt nach dem Automobil-Cluster als industriepolitische Strategie für Wirtschaft und Arbeit? - Je früher diese Perspektivdebatte beginnt, um so schmerzfreier entfaltet sich der Transformationsprozess. Ist es richtig davon auszugehen, dass eine neue industrielle Perspektive in der Verschmelzung der Innovationssektoren Energieeffizienz (E-Energy), Mobilität und IT-Infrastrukturen liegt? Schafft das Zusammenwachsen und die Konvergenz von Energie, Mobilität, Produktion, Kreativwirtschaft und IT-Technik auf der Ebene der Infrastrukturen neue Wertschöpfungen und neue Beschäftigungschancen? Welche Chancen böte eine aktive Verknüpfung von starken Breitbandnetzen mit automatisierten verkehrlichen Personentransportsystemen? Ist der konvergente Infrastrukturansatz "Intelligentes Null-Emissionsland" zugleich ein wirtschaftlicher Exportschlager für neue Produkte und Dienstleistungen?

These 6
Die IT-Branche muss in verstärktem Maße die Herausforderung Energieeffizienz auf sich selbst und ihre Produktpalette beziehen: Konzeptionell ausgelegte grüne IT-Technologie (Green IT) ist die Basis jedweder zukünftigen Querschnittsanwendung der Informationstechnik.

These 7
Ein Zusammenwachsen der Infrastrukturen und der oben genannten Bereiche Energie, Mobilität und IT könnte eine außergewöhnliche Motivierung für erfahrene ältere und junge Ingenieurinnen und Ingenieure auslösen. Die Effizienzziele zu erreichen stellt eine ingenieurliche Herausforderung dar. Die Potenziale einer Konvergenz der Infrastrukturen bilden Potenziale für Fachkräfte aller Generationen. Der Tagtraum "Intelligentes Null-Emissionsland Baden-Württemberg" als zukünftiger modernisierter Industriestandort hätte hohe Ausstrahlungskraft und würde global kluge Köpfe anziehen.

These 8
Die Digitalisierung der Wirtschaft zieht die Digitalisierung der Berufs- und Arbeitswelt nach sich. Wer mit der Virtualisierung von Geschäftsprozessen vorangehen will, muss die Partizipation der Betroffenen erhöhen, um Akzeptabilität und Akzeptanz dieses Weges als gestalterische Strategie (Open Innovation) zu ermöglichen. Dies geht über die Themenfelder Datensicherheit und Datenschutz hinaus. Es bedarf eines offenen und öffentlichen Diskurses, der gesellschaftliche, kulturelle und bewußtseinsmäßige Ungleichzeitigkeiten berücksichtigt.

These 9
Die "E-Society" kann nur nachhaltig eine offene Gesellschaft bleiben, wenn das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürgerinnen und Bürger gesichert, bewahrt und ausgebaut wird. Als Wählende, als Kaufende, als Verbrauchende und als Herstellende sind die "E-Bürger/innen" der Schlüssel eines demokratisch angelegten gestalterischen Umbauprozesses (Transformation) unseres bislang wachstumsorientierten Modells der Industriegesellschaft hin zu einem energieeffizienten Modell einer demokratisch auf Beteiligung angelegten Wissensgesellschaft.

These 10
Der Schock von Fukushima kann eine Chance darstellen, wenn es an unserem Standort gelingt, bislang getrennte Sektoren und Infrastrukturen in einem ganzheitlichen Zusammenhang zu diskutieren. Aus den zuvor benannten Punkten ist erkennbar, dass eine kluge Informationstechnik den Schlüssel zu unserem beabsichtigten klimafreundlichen Umbauprozess bietet. Erforderlich ist eine Debatte über ein neues IT-Konzept 2020 für das Erreichen eines Status "Intelligentes Null-Emissionsland Baden-Württemberg" das die genannten Infrastruktur-Faktoren zusammenführt und eine tendenziell homogene Gesamtstrategie hervorbringt.

Der politische Neustart in Baden-Württemberg könnte in einem solchen beteiligungsorientierten Diskurs die Öffnung verhärteter Positionierungen ermöglichen. Die Chancen für Wirtschaft, Arbeit, Handwerk und Gesellschaft wären enorm und könnten eine neue Aufbruchstimmung erzeugen helfen.

Letzte Änderung: 15.03.2013

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